Monatliche Eintrittswahrscheinlichkeiten

TL;DR

In diesem Artikel möchte ich Euch zeigen, wie man aus gegebenen jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten monatliche Eintrittswahrscheinlichkeiten herleitet. Dies ist relevant für die Anwendung monatlicher Kommutationswerte oder des Markov-Ansatzes mit exakter monatlicher Kalkulation.


Jährliche Eintrittswahrscheinlichkeiten

Um monatliche Eintrittswahrscheinlichkeiten herzuleiten, benötigen wir zunächst jährliche Eintrittswahrscheinlichkeiten – in dem Sinne, dass diese jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten Zustandsübergänge bewerten. Hierfür verwenden wir die folgende Symbolik:

Dabei ist

die Verbleibewahrscheinlichkeit im Zustand z.

Für eine normale Sterbetafel ist diese Symbolik trivial. Es gilt:

Für Tarife mit zwei Risiken gibt es mehrere Möglichkeiten, die zusammengesetzten Eintrittswahrscheinlichkeiten abzuleiten. Dies wird anhand einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit den Risiken “Tod” und “Invalidität” in der Anwartschaftszeit gezeigt. Der Zustandsraum sei

wobei der Diamant für den Zustand “invalide” stehe. Es seien ferner

Je nachdem, ob man diese Wahrscheinlichkeiten als abhängig oder unabhängig ansieht, gibt es die folgenden drei Möglichkeiten, hieraus geeignete zusammengesetzte Eintrittswahrscheinlichkeiten abzuleiten.

Unabhängige Wahrscheinlichkeiten – Symmetrisch

Dies ist das gebräuchliche Vorgehen bei BU-Tarifen auf Basis des Tafelwerks DAV 1997I (für die Invalidisierungswahrscheinlichkeiten) + DAV2008T (für die Aktivensterbewahrscheinlichkeiten).

Unabhängige Wahrscheinlichkeiten – Asymetrisch

Abhängige Wahrscheinlichkeiten

In jedem Fall gilt:

Monatliche Eintrittswahrscheinlichkeiten

Es sei nun:

Die unterjährigen monatlichen Verbleibewahrscheinlichkeiten werden auf Basis zweier alternativer Ansätze zur sog. Ausscheideintensität ermittelt.

Bei Annahme einer linear steigenden Ausscheideintensität gilt:

bzw. zur Vereinfachung umgeformt:

Bei Annahme einer konstanten Ausscheideintensität gilt:

bzw.

Bei beiden Annahmen gilt für den Fall, dass x durch 12 teilbar ist:

d.h. die “Verundung” der monatlichen Verbleibewahrscheinlichkeiten eines Alters in ganzen Jahren entspricht der jährlichen Verbleibewahrscheinlichkeit.

Üblicherweise wird der Ansatz mit der linear steigenden Ausscheideintensität gewählt, da dies bei ganzjährigen Altern mit der jährlichen Kalkulation unter Zuhilfenahme des bekannten Korrekturterms für die Zahlweise c = 12

übereinstimmt (bei exakter Genauigkeit des Korrekturterms; zusätzlich gibt es einen multiplikativen Korrekturterm, der in aller Regel weggelassen wird und ungefähr

beträgt.)

Für die monatlichen Ausscheidewahrscheinlichkeiten gilt nun:

Beweis: Für beliebige jährliche Ausscheidewahrscheinlichkeiten

muss gelten:

Einfache Umformung liefert:

Für den häufigen Fall eines Zustandsraums mit zwei Zuständen, z.B.

vereinfacht sich die Gleichung zu:

D.h. die monatliche Ausscheidewahrscheinlichkeit ist – wie erwartet – einfach die Komplementärwahrscheinlichkeit der monatlichen Verbleibewahrscheinlichkeit.

Markov – Herleitung

TL;DR

In diesem Artikel wird der versicherungsmathematische Markov-Ansatz anschaulich hergeleitet. Vgl. den Artikel Markov-Einleitung für eine Einleitung.


Es sei

eine Markov-Kette zu den diskreten Zeitpunkten k, …, n auf der endlich abzählbaren Zustandsmenge

mit den Übergangswahrscheinlichkeiten

(Für allgemeine Symbole siehe Symbolverzeichnis.)

Beispiel

Mit dem bei Lebensversicherungen gebräuchlichen Zustandsraum

sowie

mit Eintrittsalter x folgt, dass

eine Markov-Kette ist. Ein möglicher Pfad für k = 0 und n = 10 wäre beispielsweise

d.h. die versicherte Person verstirbt zwischen den Zeitpunkten j = 4 und j = 5.

Stochastische Prozesse

Weiterhin sei

ein stochastischer Prozess, der Zahlungen im zufälligen Zustand Zk zum Zeitpunkt k abbildet. Und es sei

ein stochastischer Prozess, der Übergangszahlungen zum Zeitpunkt k + 1 beim Wechsel vom Zustand Zk in den Zustand Zk+1 abbildet. Dann ist

die Zufallsvariable für den Barwert der Zahlungen und Übergangszahlungen zum Zeitpunkt k. Die (deterministische) Diskontierungsfunktion v(k, j) zinst dabei alle Zahlungen und Übergangszahlungen auf den Zeitpunkt k ab. Für konstanten Rechnungszins und jährliche Kalkulation gilt

Man kann diese Formel auch rekursiv definieren:

Bedingter Erwartungswert

Interessant ist nun der bedingte Erwartungswert der Barwertzufallsvariable unter Kenntnis des aktuellen Zustands Zk = z. Dieser Erwartungswert wird im Folgenden mit Vk(z) bezeichnet.

Dies ist gerade die im Artikel Markov-Einleitung dargestellte Deckungskapitalformel (Thiele’sche Differenzengleichung) mit

q. e. d.